Oliver Kahn :
Im Knast

Dicke Mauern, Gitterstäbe, Stacheldraht. Durch den Hof der Justizvollzugsanstalt Herford (NRW) schreitet Fußballlegende Oliver Kahn. Der Towart-Titan ist zu Gast beim Endspiel um den Sepp-Herberger-Pokal. Ein Fußballturnier für Gefangene, das den Häftlingen einen Anstoß in ein neues Leben geben soll. Neben dem Fußball hat Oliver Kahn auch in einem Workshop sein Motivationsprogramm „Du packst es!“ vermittelt.

„Ich geh jetzt heute heim, voller Energie und ich bin total begeistert von Euch! Das ist ein geiles Gefühl!“ Die Turnhalle der JVA brodelt vor begeistertem Applaus, als Oliver Kahn diese Worte sagt. Und er erzählt noch mehr Persönliches. Tiefpunkte, Rückschläge, scheinbar ausweglose Situationen – auch die kennt ein Oliver Kahn: „Bei mir war es ähnlich als ich 13, 14 oder 15 Jahre alt war. Da hat man mich auch aus den Auswahlmannschaften rausgeworfen und hat gesagt ‚mit dem kannste nichts anfangen. Der ist zu schlecht, zu klein, zu dick. Aus dem wird kein guter Fußballer.’ Und mit solchen Rückschlägen habe ich mich immer beschäftigen müssen.“

Im persönlichen Interview erklärt Kahn: „Natürlich ist es wohl die schwerste Situation, die man überhaupt haben kann als junger Mensch, in einem Gefängnis zu sitzen, vielleicht 5, 10 oder mehr Jahre. Ich glaube das ist eigentlich der absolute Alptraum, den man überhaupt erleben kann. Man darf aber auch nicht vergessen, da sind sehr, sehr schlimme Dinge auch gemacht worden. Das heißt, die jungen Leute sitzen auch zu recht im Gefängnis … Ich komme mittlerweile grundsätzlich mit einem positiven Gefühl in die JVAs. Am Anfang, als ich zum erste Mal eine besucht habe vor zwei Jahren, war das sehr bedrückend, sehr schwierig. Das war eine beklemmende Atmosphäre, die man da hat.“

Was der Ex-Fußballprofi den Häftlingen vermitteln will, beschreibt er so: „Einfach, dass es sich lohnt im Leben seine Ziele zu erreichen. Ich glaube, dass das ein sehr wichtiger, ein sehr, sehr großer Wert ist. Wenn du all diese 11 Schritte durchgehst aus dem ‚Du packst es Programm’, wirst du immer wieder auf die unterschiedlichen Kernwerte stoßen, die man fürs Leben braucht, die man sich durchaus aneignen kann. Ich glaube, dass das gerade in der heutigen Zeit sehr, sehr wichtig ist, dass man eine Orientierung bietet.“

Auch für Oliver Kahn hat seit geraumer Zeit so etwas wie ein neues Leben begonnen. An Kahns Hand blitzt ein Ring. Es ist einer der ersten Auftritte nach der Hochzeit mit seiner Freundin Svenja, mit der er kürzlich auch noch ein Baby bekam. Was möchte Oliver Kahn seinen Kindern mit auf den Weg geben, dass das Leben gelingt? Kahn: „Wissen Sie, ich glaube nicht, dass sie sich irgendwo hinstellen können und ihren Kindern irgendetwas mitgeben können, was floskelhaft oder formelhaft aussieht. Ich glaube, das wichtigste ist das Thema Liebe. Dass die Kinder etwas wie Liebe erfahren und ich glaube, dass das allein und die Beschäftigung mit ihnen, die Beschäftigung mit ihren Problemen, die Auseinandersetzung mit Ihnen. Ich glaube, dass diese drei Dinge schon sehr, sehr, sehr viel helfen können.“

In seinem Leben nach dem Sport ist aber eines besonders knapp – die Zeit: „Ich bin jetzt seit drei Jahren kein Profi mehr. Das ist eine meiner Aufgaben von den vielen. Die Stiftung, die Botschafterrolle für die Sepp-Herberger-Stiftung, meine eigene Stiftung, die ich jetzt ins Leben gerufen habe, viele andere geschäftliche Dinge. Dann natürlich die Medienaufgaben … Es ist viel, viel zu tun. Ich hab schon beim nächsten Jahr festgestellt, dass das Jahr tatsächlich nur 365 Tage hat. Muss ich mal schauen wie ich da hinkomme bei all den wirklich spannenden Dingen.“

Kahns persönliche wünsche für die Zukunft: „Dass man eben diese Herausforderungen, die der Sport mir ja gegeben hat, dass man diese Herausforderungen jetzt eben auch auf einer anderen Ebene findet. Und das merk ich mehr und mehr wie das Freude, wie das Spaß macht. Ich glaube, das ist momentan das Wichtigste.“

Am Ende tobt der Innenhof der JVA Herford beim Endspiel um den Sepp-Herberger-Pokal. Die Jungs der JVA Rheinsberg bekommen von Oliver Kahn persönliche Glückwünsche bei der Siegerehrung, einen Händedruck, den Pokal und ein gemeinsames Mannschaftsfoto. Der Kapitän des Knast-Teams erzählt uns, was ihm der Tag gegeben hat: „Drei Pokale, ein Erfolgserlebnis und ein Anstoß in ein neues Leben!“

Ein anderer Häftling beschreibt seine Gefühle so: „Es ist nicht selbstverständlich jeden Tag einem Oliver Kahn zu begegnen. Klar motiviert das einen, wenn er einem Mut zuspricht und sagt ‚Junge komm, steh auf, mach den ersten Schritt und kämpf mal jetzt im Leben’. Das ist eine große Motivation für uns, wenn man so einer Fußballlegende gegenübersteht und sich mit so einem Menschen unterhalten kann.“

Für Oliver Kahn ist der Tag auch ein voller Erfolg: „Ich bin total zufrieden, ich bin total glücklich. Das war ein phantastischer Tag. Ich glaube, es ist immer ein gutes Gefühl wenn man merkt – man darf sich da nicht überschätzen – aber wenn man doch dem ein oder anderen vielleicht ein bisschen was mitgeben konnte.“

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Foto(s): © HauptBruch GbR

von TIKonline.de

Comments

  1. Die Lebensweisheiten von Herrn Kahn sind immer wieder herzallerliebst.

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