Moritz Bleibtreu:
Mochte Deutschland nicht


Moritz Bleibtreu spricht über seine Jugend und erklärt, warum er Deutschland als „bedrückend, eng, unlustig und unspontan“ empfand.

Der ‚Soul Kitchen‘-Schauspieler spricht mit ‚Bild‘ zum ersten Mal seit dem Tod seiner Mutter im letzten Jahr über Monica Bleibtreu, seine Erziehung und Jugend und seinen neuen Film.

Er erklärt: „In meiner Jugend mochte ich Deutschland nicht. Deutschland war für mich bedrückend, eng, unlustig und unspontan. Es stand für mich für eine bestimmte Geradlinigkeit, für einen Hang zum Akkuraten, für Regeln und das Immer-alles-kontrollieren-Müssen. Dass die Ursache vieler dieser Dinge im Zweiten Weltkrieg lag, konnte ich in meiner Jugend damals niemals in Verbindung bringen. Dieses Ereignis hat Deutschland die kulturelle Identität genommen, das Wir-Gefühl, das in meiner Jugend fehlte.“

In seinem neuem Film ‚Jud Süß – Film ohne Gewissen‘, der am 23. September in die Kinos kommt, spielt der 39-Jährige Hitlers Propaganda-Minister Joseph Goebbels, obwohl er sich die Rolle anfangs selbst nicht zugetraut hatte.

Zu dem Streifen, bei dem Oskar Roehler Regie führte, erklärt er: „Ich sehe die Rolle als Herausforderung. Mein Freund Oskar hat sie mir von Anfang an zugetraut. Im Gegensatz zu mir. Ich fand, dass ich physisch grundsätzlich nicht der geeignete Schauspieler für Paul Joseph Goebbels bin.“

Obwohl er an dem Mann nichts entdeckt habe, das er persönlich in irgendeiner Weise sympathisch finden könnte, glaubt Bleibtreu nicht, dass er einen Image-Verlust fürchten muss und ist davon überzeugt, dass ihn auch seine verstorbene Mutter in der Rollenwahl ermutigt hätte.

Er fügt hinzu: „Sie hätte das gut gefunden. Meine Mutter war ein Mensch, der Herausforderungen liebte, kein Problem damit hatte, anzuecken und Mut zur Konfrontation besaß.“

Weiter sagt er, seine Mutter habe ihn eher unkonventionell erzogen und ein Zuhause für ihn geschaffen, das weniger das Spiegelbild einer typisch deutschen Familie gewesen sei, sondern in dem der Haushalt stark von Leidenschaft und Spontaneität beeinflusst worden sei.

Er fügt hinzu: „Attribute, die in der deutschen Seele nicht so wahnsinnig stark verankert sind, die ich aber in den türkischen, spanischen oder italienischen Familien fand, die in St. Georg damals hauptsächlich lebten. Das Klima, das in diesen Familien herrschte, war vergleichbar mit dem in meinem Zuhause. Viel familiärer, viel offener, viel wärmer als das in der typisch deutschen bürgerlichen Familie.“

„Jud Süß – Film ohne Gewissen“ – der Trailer.

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Foto(s): © HauptBruch GbR

von TIKonline.de

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